Dampflokwerk Meiningen haucht technologisch ältester tschechischer Dampflok neues Leben ein

Artikel: Dampflokwerk Meiningen haucht technologisch ältester tschechischer Dampflok neues Leben ein

Ein besonderes Stück Technikgeschichte hat das Dampflokwerk Meiningen am 13.10. verlassen: Tschechiens technologisch älteste Dampfloks 365.024 hat sich per Tieflader auf den Rückweg in ihr Heimatland gemacht.

Die Expert:innen in Meiningen haben das Fahrwerk mit Radsätzen sowie die komplette innere und äußere Steuerung erneuert. Weiterhin wurden die Dampfmaschine restauriert (inklusive Herstellung eines neuen rechten Dampfzylinders), der Kessel aufgesetzt und eine Rollprobe durchführt. Die finalen Arbeiten führt der Auftraggeber, die tschechischen Bahnen České dráhy (ČD), selbst durch. Zum hundertjährigen Geburtstag im Jahr 2023 soll die Lok dann wieder fahren können.

50 Jahre unter freiem Himmel abgestellt

Die Lokomotive kam in einem schlechten und verrosteten Zustand nach Meiningen. Schließlich war der tschechische Schienenklassiker über 50 Jahre an verschiedenen Orten unter freiem Himmel abgestellt und verfiel witterungsbedingt. „Durch unsere jahrzehntelange Erfahrung in der Diagnose und anschließenden Reparatur von Komponenten wissen wir genau, was ausgetauscht werden muss, was beispielsweise nur gereinigt und wiederverwendet werden kann und was neu angefertigt werden muss. Dennoch hat uns dieses Projekt vor immer neue Herausforderungen gestellt. Es erfüllt uns mit großem Stolz, dass wir einen bedeutenden Beitrag leisten konnten, damit dieses einmalige Technikdenkmal nächstes Jahr wieder über die Gleise in unserem Nachbarland rollen kann,“, sagt Stefan Ley, Leiter des Dampflokwerkes Meiningen.

Folgende Herausforderungen stellten sich den Expert:innen in Meiningen

  • Herstellung eines neuen Aschkastens mit neuen Rostbalken, Roststäben und Kipprostwelle
  • Riss im Rahmen, dadurch notwendige Rahmensanierung inklusive Herstellung von neuen Rahmengurten
  • Durch ein Loch undichter rechter Dampfzylinder, was zu neuer Konstruktion und Herstellung des kompletten Dampfzylinders im Schweißverfahren führte
  • Komplette Erneuerung der Radsatzgruppe (Treibraddurchmesser von 1780 mm und Laufraddurchmesser von 994 mm) mit Neubereifung, Herstellung von neuen Kugelzapfen, Treibzapfen und Kuppelachslager
  • Reparatur und Richten von Treib- und Kuppelstangen mit Herstellung von neuen Lagern
  • Neuproduktion von diversen Kleinteilen wie z.B. Zylinderdeckel, Kolbentragbuchse, ganzer Steuerbock, Schieberkörper
  • Erschwerte Baugruppen-Zuordnung, da das Werk Meiningen die Lok nicht selbst demontiert hat; dadurch notwendiger Besuch im Museumsdepot Chomutov, um die Schwester-Lok 365.020 zu inspizieren

Die Zusammenarbeit wird weiter fortgesetzt

Das Restaurierungsprojekt war ursprünglich in drei Abschnitte geteilt: Rahmen mit Fahrwerk, Oberbau mit Bremse und Kesselanbindung, Zusammenbau und Inbetriebnahme. Nach der ersten Befundung und während der Bearbeitung der Abschnitte eins und zwei wurde sofort sichtbar, dass einige Baugruppen entweder fehlen oder komplett neu gebaut werden müssen. Deshalb musste schon frühzeitig der Liefertermin angepasst werden. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage während der Corona-Pandemie und dadurch begrenzte finanzielle Mittel haben die ČD 2020 den Wunsch geäußert, nur ein Teil der bestellten Leistungen zu realisieren und die Abschlussarbeiten selbst durchzuführen. Deshalb verlässt die Lok im teilrestaurierten Zustand das Werk.

„Wir schätzen die fachlichen Qualitäten und die gesamte Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen in Meiningen sehr. Ich freue mich, dass dank ihrer Hilfe die Restaurierung der Lokomotive schon so weit fortgeschritten ist und dass sie uns bei der Reparatur der wichtigsten Teile, etwa des Rahmens oder der Herstellung eines neuen Dampfzylinders, geholfen haben. Die Zusammenarbeit wird auch nach der Überführung der Lokomotive in unser Zentrum für historische Fahrzeuge in Lužná bei Rakovník fortgesetzt. Ich glaube, dass wir gemeinsam das gesamte Projekt planmäßig im Jahr 2023 abschließen können, wenn die Lokomotive ihr 100-jähriges Bestehen feiert“, sagt Marek Plochý, Direktor des Eisenbahnmuseums der Tschechischen Eisenbahn.